Habit & Tracht

Wenn Sylvia Bochmann eine Bergparade besucht, dann schaut sie inzwischen mit ganz anderen Augen auf die Habitträger. Denn von vielen hat sie schon Maß genommen, damit sie ihnen die festlichen Kleidungsstücke auf den Leib schneidern  konnte. Ob Grubenhose oder Bergkittel, alles entsteht in ihrem Atelier in Langenbach.

Eigentlich hatte sie am Anfang gar keine Lust auf die Lehre als Industrieschneiderin. Doch mit der Zeit wuchs das Interesse daran, Kleidung herzustellen, so dass sich die junge Sylvia Bochmann noch zu DDR-Zeiten zur Maßschneiderin weiter gebildet hat. „Das war schwierig, weil es damals politisch nicht gewollt war, dass sich Handwerker  selbstständig machen“, erzählt sie. Mit dem Fall der Mauer hat sie den Traum von der eigenen Schneiderei auch erst einmal begraben, weil es nun Kleidung in Hülle und Fülle zu kaufen gab.

Dirndl waren der erfolgreiche Einstieg in das Geschäft der Schneiderei.
Trachten haben der Maßschneiderin zur Selbstständigkeit verholfen.

Nachdem Sylvia Bochmann als kaufmännische Angestellte ihr Geld verdiente, verwirklichte sie 1999 dann doch den Traum von der eigenen Maßschneiderei. Angefangen hat es mit eigens entworfenen Dirndlkleidern. Auf der Messe in Salzburg kam ihr Design an und so mussten in Spitzenzeiten bis zu neun Schneiderinnen helfen, damit sie alle Aufträge erfüllen konnte.

„Jeder Verein hat andere Details an den festlichen Habits, die nach historischem Vorbild genäht werden.“
Sylvia Bochmann, Maßschneiderin

Details für ein Bergmannshabit

Als sich der bisherige Schneider der Bergbrüderschaft Schneeberger Bergparade zur Ruhe setzte, bekam Sylvia Bochmann die Anfrage, ob sie die weiteren Aufträge übernehmen könne. Denn die Habits gibt es nirgends von der Stange zu kaufen.

Inzwischen schneidert sie die oft aufwendig verzierte Kleidung für Viele im Sächsischen Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine.

Ray Lätzsch, Vorsitzender Sächsischer Landesverband der Bergmanns-, Hütten und Knappenvereine, Jens Bretschneider, Landesbergmusikdirektor und Manuel Ullman, Geschäftsführer Bergmannsblasorchester Aue-Bad Schlema

Aber nicht nur sächsische Bergbrüder oder Bergmusiker füllen ihre Auftragsbücher. Bis nach Trier haben sich ihr Talent und ihre Qualität inzwischen herum gesprochen. So viel Gestaltungsspielraum wie bei einem Dirndl hat sie bei einem Habit allerdings nicht: „Bei einem Dirndl kann man sich frei entfalten, da kann man Farben und Formen spielen lassen. Fürs traditionelle Habit aber gibt es strenge Vorschriften vom Sächsischen Landesverband, da war ich erst zu einem Vortrag.“ 

Nicht alle Details lassen sich mit der Nähmaschine anbringen. Da ist oft auch echte Handarbeit gefragt. Manche Kittel sind mit Spitze abgesetzt, andere haben eine Pelerine, also noch einen zusätzlichen Schulterumhang. So gibt es unzählige Feinheiten, die in jedem Verein auch anders sind. Eins aber haben viele gemeinsam: Ihre Knöpfe tragen das typische Bergbausymbol, also Schlegel und Eisen. Einen Lieferanten dafür, der dann auch noch den strengen Qualitätskriterien entspricht, hat sie nun in der Oberpfalz gefunden.